Das Internet ist nicht nur dafür da, sie berieseln zu lassen oder sich bei Fake-Nachrichten Sorgen zu machen.
Das Internet oder eher die Personen, die hinter den Beiträgen stehen, können auch Licht ins Dunkel bringen, wo man vielleicht keine Dunkelheit vermutet hätte.
In den letzten Jahren sind immer mehr Personen des öffentlichen Lebens mit ihren Geschichten ins Rampenlicht getreten.
Warum sage ich nicht Promis? Nun, dieser Begriff wurde in den letzten Jahren so inflationär benutzt, besonders für Personen, deren Leistung sich in den Medien eher im Bereich “affig” oder “peinlich” bewegen.
Aber kommen wir zurück: Es geht um Traumata in der Kindheit.
Dies wird kein inneres-Kind-Ratgeber, sondern ein Denkanstoß, warum man denkt, wie man denkt, warum man handelt, wie man handelt.
Du hältst sowieso nichts durch!
Die fünf Worte sind prägend für meine Kindheit und wenn ich ehrlich bin, schallen diese Worte nochmal durch den Schädel, gerade dann, wenn das Leben nicht immer geradeaus und smooth verläuft.
Müssen Kinder etwas durchhalten? NEIN!
Die Kindheit, eigentlich sogar das ganze Leben, ist dazu da, sich auszuprobieren, herausfinden was Spaß macht. Gelingt das mit einer einzigen Beschäftigung? Mag es geben, aber so war es bei mir nicht. Mal gab es diese Interessen, mal jene. Genau dieses Verhalten habe ich Jahrzehnte später bei meinem Sohn wiedergefunden. Aber, da wir ihn haben ausprobieren lassen, war der Spass an den einzelnen Interessen groß und extrem intensiv, wurde aber nach einiger Zeit von anderen Interessen abgelöst, die genauso mit Hingabe bespielt wurden.
Kommen wir wieder zu mir und meinen frühen Blood, Sweat & Groove-Gefühlen. Ich kam zum Heavy Metal über die Band Kiss, die ich das erste Mal in der Bravo gesehen habe. Geschminkte Typen mit geilen Gitarren und einer fantastischen Horrorshow. Ich musste die Platte haben. “Kiss Alive” war dann auch die erste Platte, die wir im Podcast besprochen hatten, neben Public Enemy.
Natürlich wollte ich Gitarre spielen. Zufälligerweise gab es in der Grundschule einen Gitarrenkurs, dort wollte ich hin. Es kam, wie es kommen musste, ich wurde von meinen Eltern mit dem Standardsatz “Das hältst du sowie nicht durch” abgebügelt. Als wenn dies nicht schon genug wäre, kam noch ein Satz hinterher: “Im übrigen kostet das auch noch Geld”.
Hey cool, ich schaffe nichts und koste auch noch Geld, das gräbt sich wunderbar in die Seele des Kindes ein um sich dort für sehr lange Zeit wohlzufühlen.
Das Ältere Ich startet noch einmal einen Versuch!
Jahre später wollte ich es noch einmal wissen. Die Schule war gerade beendet und ehrlich, ich war weit davon entfernt, gut zu sein, im Gegensatz zu meinem Bruder. Er ist sicherlich der Stolz meiner Eltern, zweitbestes Zeugnis der gesamten Schule. Was mich wunderte, dass sie nicht das beste eingefordert haben. Erkauft hat mein Bruder es sich mit Hausaufgaben und üben, die bis sehr spät in die Abendstunden dauerten, und einmal hat er vor Erschöpfung in die Schulbücher gekotzt.
Schule ist nicht alles und man kann hinterher immer noch Erfolgreich sein, habe es bewiesen.
Aber ich schweife ab. Nach der Schule bekam ich “nur” eine Bäckerlehre. Von dem ersten Gehalt habe ich mir eine Akustikgitarre gekauft. Ich wollte Metal machen, aber es hieß immer, übe erst mal auf einer Akustikgitarre. Von wem der Spruch kam, weiß ich heute nicht mehr. Na gut, die unverstärkte Klampfe war sowieso günstiger. Gekauft und glücklich. Für ein paar Minuten.
Als ich zu Hause aufschlug, hieß es nur: “Konntest du dir von deinem Geld nicht Gescheiteres kaufen?”
Und wieder mal ein Schlag in die Fresse.
Was das Ganze noch so richtig blöd macht!
Meine Eltern waren keine Künstler, wenn man ehrlich ist, haben sie das Leben weggeworfen. Aber meine beiden Opas waren Künstler. Väterlicherseits Schriftsteller. Ich habe ihn nie kennengelernt, ein Österreicher und mit ihm der 2. Weltkrieg hatten etwas dagegen.
Mütterlicherseits Musiker. Studierter Posaunist und in Opernhäusern in Deutschland zu Hause gewesen. Ihn habe ich kennengelernt, aber nur unter der Dunstglocke, die man Oma nennen musste. Laut ihrer Aussage und Kinder glauben nun einmal den Erwachsenen, ein angeborener Überlebensinstinkt, war er nicht sonderlich interessiert an Kindern. Der Drache, also Oma, hat uns von ihm ferngehalten, schade dass damals die Scheidung nicht en vogue war, hätte sicherlich einiges geändert.
Unter diesen Umständen ist es komisch oder vielleicht nicht verwunderlich, dass meine Eltern waren wie sie waren.
Es ist nie zu spät!
Manchmal dauert es eine schmerzhaft lange Zeit, bis man erkennt, dass es nur die Glaubenssätze der Eltern sind, die sich immer wieder melden, wenn es darum geht, auf einem Gebiet vorwärts zu kommen. Bei mir war es die Musik und wenn ich heute noch ein wenig still bin, kann ich es manchmal noch hören. Aber mit der Erfahrung von heute ist es zu einem “F**k dich” geworden.
Das zeigt mir, das Haar kann grau werden, man knabbert immer noch an negativen Erfahrungen herum, aber es ist nie zu spät, das Ruder rumzureißen, das Gesicht in die Sonne zu halten und das als Leben schön und erfüllend zu betrachten.
Blood, Sweat & Groove
Was sich wie ein Schlußwort anhört, war in Wirklichkeit der Startschuss zu etwas richtig Coolen: Dem Podcast, Videocast, der Albumproduktion, dem Blog und wer weiß was wir uns noch alles einfallen lassen.
Dabei ist es nicht wichtig, wie viele Menschen uns zuhören oder zusehen, sofern es die richtigen sind. Es ist nicht wichtig, ob das Album genau in 365 Tagen fertig wird. Oder ob es einen Tag, eine Woche, einen Monat oder sogar ein Jahr länger dauert. Es ist der Weg, die Heilung der negativen Glaubenssätze, die die Reise wichtig und schön machen.
Und genau eine Generation später hat sich das Blatt gewendet. Den Podcast mache ich mit meinem Sohn, der mit seinem unglaublichen Verständnis für Musik mich wieder dahin geführt hat, nicht nur zu konsumieren, sondern den Zauber hinter den Klängen zu erfahren. Und ganz nebenbei habe ich meine Liebe zum Rap und Hip Hop entdeckt.
Nichts ist in Stein gemeißelt, auch wenn der Weg nicht immer oder ganz bestimmt nicht immer einfach ist und Fragmente immer und immer wieder durchblitzen, will man das Leben leben, was man sich vorstellt, dann muss man daran arbeiten und wenn man noch Menschen findet, so wie ich, die einem auf dem Weg begleiten, dann kann man das durchhalten.